Hey, ich musste eine Rezension für die Schule schreiben und dachte mir dann, die kann ja auch noch anderweitig verwendet werden... es geht zwar nicht direkt um [lexicon]Poi[/lexicon], aber ich denke, das mag der geneigte Leser verschmerzen
...habt spaß damit:
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Der Roman "Zen in der Kunst des Jonglierens", der von Dave Finnigan verfasst und 1993 erstmals durch den Scherz Verlag im deutschsprachigen Raum veröffentlicht wurde (Originalausgabe in den USA: "The Zen of Juggling"), thematisiert die Wirkung von meditativen Techniken auf die Harmonie im Leben des Individuums. Die Thematik erschließt sich dem Rezipienten über eine Handlung, die einem Lehrbuch ähnelnd in mehrere zusammenhängende Kapitel unterteilt ist, von denen jedes eine Moral oder einen Lernerfolg enthält. Da es um eine Schule für angehende Jongleure geht, ist es dem Leser also möglich, das Geschehen interaktiv mitzuverfolgen und die in der Erzählung aufeinanderaufbauenden Lektionen auf seinen eigenen Lernprozess zu transferrieren.
Der Autor richtet sein Werk hauptsächlich an Menschen, die sich für das Jonglieren interessieren, verfolgt aber eine Intention, die jeden Menschen in jeder Lebenslage ansprechen kann. Der Hauptcharakter, der aus der Ich-Perspektive spricht, vermittelt die Handlung.
Die Schule, die den Mittelpunkt des Geschehens bildet, befindet sich im ländlichen Taiwan und beherbergt für je drei Monate eine Gruppe von zwanzig Leuten, die aus verschiedenen persönlichen Gründen gewillt sind, die Kunst des Jonglierens zu erlernen oder ihre Fähigkeiten auszubauen. Die Anlage besitzt einen eigenen Garten, verwaltet sich autark und liegt abseits von jeglicher Zivilisation. Die Menschen der Gruppe, mit der der Protagonist gekommen ist, wollen z.T. ihrer Familie beweisen, dass sie zu außergewöhnlichen Dingen fähig sind, wollen ihr Hobby zum Beruf machen, eine Familientradition fortführen oder sie wissen es selbst nicht genau, so auch die erzählende Person. Die Gesprächsrunden, in denen diese Dinge erörtert werden, führt der Meister der Schule. Der Meister Huang ist eine Schlüsselperson, er leitet den Unterricht, initiiert tägliche Versammlungen und gibt dem Tagesablauf in der Jonglierschule einen festen Rhytmus. Darüber hinaus formt er seine Schüler im Verlauf der Monate moralisch. Das Medium, was ihm dies ermöglicht, ist die Jonglage. Während die Auszubildenden also die Hürden der verschiedenen sportlichen Herausforderungen nehmen, die der Lehrer ihnen stellt, meistern sie unbewusst auch negative charakterliche Züge ihrer selbst.
Nebenbei lernt die Gruppe die Vorzüge der Jonglage als Kombination von Meditation und sportlicher Betätigung kennen. Der Meister, der viele Jahre lang diverse Kampfkünste studiert und letztendlich die Jonglage entdeckt hat, beschreibt sie als meditative Technik, die durch das monotone Wiederholen der gleichen Bewegungen bis hin zu ihrer Perfektion dabei helfen kann, eine andere Wahrnehmung von Zeit zu entwickeln oder in ihren Varianten dazu führen kann, dass man sein Gegenüber bzw. Gemeinschaft im Allgemeinen viel intensiver erfährt. Das Jonglieren wird nämlich als eine Tätigkeit beschrieben, die in seinem Wesen nicht, wie viele andere Sportarten, auf Wettkampf hinausläuft, sondern vielmehr auf Kooperation. Ein weiterer postitiver Aspekt, der dieses Merkmal unterstützt, sei die Tatsache, dass kein plausibler materieller Grund existiert, der das Erlernen der Kunst rechtfertigt. Das Jonglieren als Existenzgrundlage zu nutzen, würden nämlich nur sehr wenige schaffen und auch die gesellschaftliche Anerkennung, die sich eher in Verachtung entgegen der lumpigen Gauklertätigkeit äußere, bleibe aus. Diese Leere, diese eigentliche Sinnlosigkeit sieht der Meister als Ausgangspunkt eines seelischen Gleichgewichts, dem die Schüler näher kommen sollen.
Als sich die drei Monate dem Ende nähern, macht der Protagonist eine spirituelle Erfahrung im Garten der Schule. Er sitzt dabei auf der weichen Erde, mit der er sich verbunden fühlt und lässt die warmen Strahlen der untergehenden Sonne durch seine geschlossenen Augen in den Körper eindringen. Er merkt, wie er unwillkürlich ein Mantra singt, dass der Meister zum alltäglichen Ritual erhoben hat. Wenige Augenblicke später erreicht ihn die ohne rationale Argumentationen hervorgerufene und dadurch rein emotionale Erkenntnis, dass die Natur, wie er sie nach dem Öffnen der Augen vor sich sieht, in einem perfekten Gleichgewicht funktioniere, und dass der Mensch der Verwalter dieses riesigen Gartens sein solle. Die Notwendigkeit erkennend, dass die Menschen Verantwortung gegenüber der Erde annehmen, beschließt der Hauptcharakter, zum 'Gärtner' zu werden und andere Menschen mithilfe des Jonglierens zu einer ähnlichen Erkenntnis zu führen.
Der Roman nimmt durch diese abschließende Szene unmittelbaren Bezug auf ein hochaktuelles Thema, dass die Menschheit beschäftigt. Die kontinuierliche Zerstörung unserer Umwelt durch uns selbst wird dem Leser vor Augen geführt. Dies geschieht aber nicht durch die Darstellung von konkreten Schreckensnachrichten oder Horrorszenarien, sondern durch die Darstellung der genialen Perfektion, in der die Natur funktioniert und durch die damit verbundene Feststellung, dass die explosionartige und ressourcenintensive Expansion des Menschen mit dieser Harmonie kollidiert. Die Lehrstunden, die in der Handlung auftreten, analysieren psychologische Besonderheiten des menschlichen Denkens. Überträgt man die Überwindung der dabei auftretenden charakterlichen Schwächen auf die globale Lage, so mag der Leser feststellen, dass eine Veränderung in der Gesamtsituation nur möglich ist, wenn er höchstselbst eigene Verhaltensweisen infrage stellt und in konstruktive Einstellungen konvertiert. Die Menschen, die die Jonglierschule des Meisters besuchen, mit all ihren Ängsten und Fragen, mit all ihren unangenehmen Ungewissheiten, sind also eine Metapher für die Menschheit und für Symptome der Zerstörung des Gleichgewichts unserer Natur. Die Lösung, die sich dem Rezipienten möglicherweise öffnet, ist daher, dass die Ziellosigkeit, die ein Merkmal der Jonglage ist, neben dem Überwinden von persönlichen Konflikten auch zu der Überwindung des katastrophalen Kurses führen kann, den die Menschheit fährt. Denn auch die Natur ist ziellos, und wollen wir weiterhin Bestandteil dieses perfekten Systems bleiben, müssen wir uns Verhaltensweisen abgewöhnen, die gierig nach Gewinn und nach dem, was bei uns als Wohlstand gilt, streben.
Das Werk ist eine sehr vereinfachende Darstellung von Problemen unserer Psyche und unserer Umwelt. Sein Reiz liegt darin, dass zu jeder Problematik ein konstruktiver Lösungsansatz angeboten wird. Dieser birgt zwar ebenfalls stets eine verdächtige Einfachheit, aber gerade diese Unausgereiftheit einer Idee harmoniert mit der Gesamtaussage der Erzählung, die darauf beruht, dass die Lösung komplexer globaler Problemstellungen darin besteht, diese gänzlich loszulassen und zu einer schlichten Ursprünglichkeit zurückzukehren, darin, anerzogene Verhaltensweisen, Denkschemata und Statussymbole zu vernachlässigen und sich dem Rythmus der Natur zu fügen. Diese Art der Behandlung der aktuellen Situation ist vermutlich eine utopische, aber noch befinde ich persönlich mich in einem Zustand, der diese Ansätze mit wesentlich mehr Wärme willkommen heißt, als solche, die nur die Spitze des Eisbergs angehen. Ich empfehle dieses Buch also jedem Menschen nach dem Ratschlag, den der Autor zu Beginn des Buches gibt:

[Blockierte Grafik: http://www.jonglier-mit-uli.de/images/literatur/zen.jpg]
Der Roman "Zen in der Kunst des Jonglierens", der von Dave Finnigan verfasst und 1993 erstmals durch den Scherz Verlag im deutschsprachigen Raum veröffentlicht wurde (Originalausgabe in den USA: "The Zen of Juggling"), thematisiert die Wirkung von meditativen Techniken auf die Harmonie im Leben des Individuums. Die Thematik erschließt sich dem Rezipienten über eine Handlung, die einem Lehrbuch ähnelnd in mehrere zusammenhängende Kapitel unterteilt ist, von denen jedes eine Moral oder einen Lernerfolg enthält. Da es um eine Schule für angehende Jongleure geht, ist es dem Leser also möglich, das Geschehen interaktiv mitzuverfolgen und die in der Erzählung aufeinanderaufbauenden Lektionen auf seinen eigenen Lernprozess zu transferrieren.
Der Autor richtet sein Werk hauptsächlich an Menschen, die sich für das Jonglieren interessieren, verfolgt aber eine Intention, die jeden Menschen in jeder Lebenslage ansprechen kann. Der Hauptcharakter, der aus der Ich-Perspektive spricht, vermittelt die Handlung.
Die Schule, die den Mittelpunkt des Geschehens bildet, befindet sich im ländlichen Taiwan und beherbergt für je drei Monate eine Gruppe von zwanzig Leuten, die aus verschiedenen persönlichen Gründen gewillt sind, die Kunst des Jonglierens zu erlernen oder ihre Fähigkeiten auszubauen. Die Anlage besitzt einen eigenen Garten, verwaltet sich autark und liegt abseits von jeglicher Zivilisation. Die Menschen der Gruppe, mit der der Protagonist gekommen ist, wollen z.T. ihrer Familie beweisen, dass sie zu außergewöhnlichen Dingen fähig sind, wollen ihr Hobby zum Beruf machen, eine Familientradition fortführen oder sie wissen es selbst nicht genau, so auch die erzählende Person. Die Gesprächsrunden, in denen diese Dinge erörtert werden, führt der Meister der Schule. Der Meister Huang ist eine Schlüsselperson, er leitet den Unterricht, initiiert tägliche Versammlungen und gibt dem Tagesablauf in der Jonglierschule einen festen Rhytmus. Darüber hinaus formt er seine Schüler im Verlauf der Monate moralisch. Das Medium, was ihm dies ermöglicht, ist die Jonglage. Während die Auszubildenden also die Hürden der verschiedenen sportlichen Herausforderungen nehmen, die der Lehrer ihnen stellt, meistern sie unbewusst auch negative charakterliche Züge ihrer selbst.
Nebenbei lernt die Gruppe die Vorzüge der Jonglage als Kombination von Meditation und sportlicher Betätigung kennen. Der Meister, der viele Jahre lang diverse Kampfkünste studiert und letztendlich die Jonglage entdeckt hat, beschreibt sie als meditative Technik, die durch das monotone Wiederholen der gleichen Bewegungen bis hin zu ihrer Perfektion dabei helfen kann, eine andere Wahrnehmung von Zeit zu entwickeln oder in ihren Varianten dazu führen kann, dass man sein Gegenüber bzw. Gemeinschaft im Allgemeinen viel intensiver erfährt. Das Jonglieren wird nämlich als eine Tätigkeit beschrieben, die in seinem Wesen nicht, wie viele andere Sportarten, auf Wettkampf hinausläuft, sondern vielmehr auf Kooperation. Ein weiterer postitiver Aspekt, der dieses Merkmal unterstützt, sei die Tatsache, dass kein plausibler materieller Grund existiert, der das Erlernen der Kunst rechtfertigt. Das Jonglieren als Existenzgrundlage zu nutzen, würden nämlich nur sehr wenige schaffen und auch die gesellschaftliche Anerkennung, die sich eher in Verachtung entgegen der lumpigen Gauklertätigkeit äußere, bleibe aus. Diese Leere, diese eigentliche Sinnlosigkeit sieht der Meister als Ausgangspunkt eines seelischen Gleichgewichts, dem die Schüler näher kommen sollen.
Als sich die drei Monate dem Ende nähern, macht der Protagonist eine spirituelle Erfahrung im Garten der Schule. Er sitzt dabei auf der weichen Erde, mit der er sich verbunden fühlt und lässt die warmen Strahlen der untergehenden Sonne durch seine geschlossenen Augen in den Körper eindringen. Er merkt, wie er unwillkürlich ein Mantra singt, dass der Meister zum alltäglichen Ritual erhoben hat. Wenige Augenblicke später erreicht ihn die ohne rationale Argumentationen hervorgerufene und dadurch rein emotionale Erkenntnis, dass die Natur, wie er sie nach dem Öffnen der Augen vor sich sieht, in einem perfekten Gleichgewicht funktioniere, und dass der Mensch der Verwalter dieses riesigen Gartens sein solle. Die Notwendigkeit erkennend, dass die Menschen Verantwortung gegenüber der Erde annehmen, beschließt der Hauptcharakter, zum 'Gärtner' zu werden und andere Menschen mithilfe des Jonglierens zu einer ähnlichen Erkenntnis zu führen.
Der Roman nimmt durch diese abschließende Szene unmittelbaren Bezug auf ein hochaktuelles Thema, dass die Menschheit beschäftigt. Die kontinuierliche Zerstörung unserer Umwelt durch uns selbst wird dem Leser vor Augen geführt. Dies geschieht aber nicht durch die Darstellung von konkreten Schreckensnachrichten oder Horrorszenarien, sondern durch die Darstellung der genialen Perfektion, in der die Natur funktioniert und durch die damit verbundene Feststellung, dass die explosionartige und ressourcenintensive Expansion des Menschen mit dieser Harmonie kollidiert. Die Lehrstunden, die in der Handlung auftreten, analysieren psychologische Besonderheiten des menschlichen Denkens. Überträgt man die Überwindung der dabei auftretenden charakterlichen Schwächen auf die globale Lage, so mag der Leser feststellen, dass eine Veränderung in der Gesamtsituation nur möglich ist, wenn er höchstselbst eigene Verhaltensweisen infrage stellt und in konstruktive Einstellungen konvertiert. Die Menschen, die die Jonglierschule des Meisters besuchen, mit all ihren Ängsten und Fragen, mit all ihren unangenehmen Ungewissheiten, sind also eine Metapher für die Menschheit und für Symptome der Zerstörung des Gleichgewichts unserer Natur. Die Lösung, die sich dem Rezipienten möglicherweise öffnet, ist daher, dass die Ziellosigkeit, die ein Merkmal der Jonglage ist, neben dem Überwinden von persönlichen Konflikten auch zu der Überwindung des katastrophalen Kurses führen kann, den die Menschheit fährt. Denn auch die Natur ist ziellos, und wollen wir weiterhin Bestandteil dieses perfekten Systems bleiben, müssen wir uns Verhaltensweisen abgewöhnen, die gierig nach Gewinn und nach dem, was bei uns als Wohlstand gilt, streben.
Das Werk ist eine sehr vereinfachende Darstellung von Problemen unserer Psyche und unserer Umwelt. Sein Reiz liegt darin, dass zu jeder Problematik ein konstruktiver Lösungsansatz angeboten wird. Dieser birgt zwar ebenfalls stets eine verdächtige Einfachheit, aber gerade diese Unausgereiftheit einer Idee harmoniert mit der Gesamtaussage der Erzählung, die darauf beruht, dass die Lösung komplexer globaler Problemstellungen darin besteht, diese gänzlich loszulassen und zu einer schlichten Ursprünglichkeit zurückzukehren, darin, anerzogene Verhaltensweisen, Denkschemata und Statussymbole zu vernachlässigen und sich dem Rythmus der Natur zu fügen. Diese Art der Behandlung der aktuellen Situation ist vermutlich eine utopische, aber noch befinde ich persönlich mich in einem Zustand, der diese Ansätze mit wesentlich mehr Wärme willkommen heißt, als solche, die nur die Spitze des Eisbergs angehen. Ich empfehle dieses Buch also jedem Menschen nach dem Ratschlag, den der Autor zu Beginn des Buches gibt:
"Wenn du dieses Buch nötig hast und weißt,
daß du es nötig hast – lies es.
Wenn du dieses Buch nicht nötig hast und weißt,
daß du es nicht nötig hast – lies es.
Wenn du dieses Buch nicht nötig hast, aber glaubst,
es nötig zu haben – lies es nicht.
Wenn du dieses Buch nötig hast, aber glaubst,
du hättest es nicht nötig – lies es zweimal."
"Dave Finnigan studierte Soziologie und Anthropologie an der Cornell Universität. Um dem Prüfungsstreß während seiner Promotion zu begegnen, begann er eines Tages zu jonglieren. Zu seiner Überraschung veränderte diese Disziplin seine Einstellung zum Leben radikal. Heute ist er weltweit als ein Meisterjongleur bekannt, der die Kunst des Jonglierens als Weg der Selbsterfahrung und Selbstverwirklichung lehrt. Er ist der Verfasser des erfolgreichen Standardweres Alles über die Kunst des Jonglierens" (Aus dem Klappentext)